Geburtshelfer für das erste Schattenhalb-Kraftwerk war die 1897 erteilte Konzession für den Bau der Grossen Scheideggbahn von Meiringen nach Grindelwald sowie die Idee einer Bahnverbindung von Meiringen durch die Grimsel nach Oberwald im Wallis. Das Kraftwerk Schattenhalb sollte Strom für diese Bahnen liefern. So nahm das Kraftwerk Schattenhalb 1 im Jahre 1909 den Betrieb auf. Aber die Grosse Scheidegg-Bahn wurde nicht gebaut und auch die Bahnverbindung ins Wallis nicht verwirklicht – obei letzteres Projekt seit einigen Jahren wieder Aufwind erhalten hat.
Im Jahre 1916 wurde die Elektrowerke Reichenbach AG gegründet und 1917 das Kraftwerk Schattenhalb 1 übernommen. Nach dem 1. Weltkrieg nahm der Stromverbrauch auch in den kleineren Dörfern und der Landwirtschaft stark zu, so dass man 1926 das Werk Schattenhalb 2 mit einem Tagesspeicher im Zwirgi errichtete. 1994 wurden die Elektrowerke Reichenbach Frey & Cie. in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und die Betriebsführung an die Bernischen Kraftwerke AG übertragen. 2000 übernahmen die BKW Energie AG das Unternehmen und führten dieses vorerst als EWR Energie AG fort, die dann 2016 durch Fusion in die BKW Energie AG integriert wurde.
Die zweistufige Anlage lieferte bis weit nach der Jahrtausendwende zuverlässig Strom, ohne dass grössere technische Anpassungen vorgenommen werden mussten. 2010 wurde das neue Kraftwerk Schattenhalb 3 eröffnet, das die beiden Fallstufen vereinigt. Die obere Stufe, das Kraftwerk Schattenhalb 2 wurde darum stillgelegt. Die untere Stufe, das Kraftwerk Schattenhalb 1 wurde von 2015 bis 2017 vollständig erneuert. Dabei dachte man auch an den Abbruch des Kraftwerks Schattenhalb 2, weil eine Bauseilbahn bereits zur Verfügung stand.
Mit der Gründung der Stiftung Kraft & Wasser, die das Kraftwerk Schattenhalb 2 Ende 2016 übernommen hat, wurde das Vorhaben aufgegeben – im Gegenteil soll der Nachwelt ein Zeuge schweizerischer Industriekultur von nationaler Bedeutung erhalten bleiben.