Fachbeitrag

Optimierte Coanda-Rechen

Wasserfassungen sind insbesondere an Gebirgsbächen aufgrund der meist grossen Geschiebemengen eine Herausforderung. Auch heute noch ist der überwiegende Anteil der Fassungen mit Tirolerwehren ausgerüstet. Es sind vor allem die mitgeführten Feststoffe, welche den Turbinenbauteilen grossen Schaden zuführen können und weshalb ein Entsander vorgeschaltet werden muss. Allerdings können für Fische diese Installationen unüberwindbar sein. Aus diesem Grund und bei den heutigen Ansprüchen nachhaltiger und naturverträglicher Stromgewinnung entsprechend, wird dieser Typ Wasserfassung in Fischgewässern kritisch betrachtet.

Überwiegend an Gebirgsbächen wird alternativ zum Tirolerwehr seit vielen Jahren der Coanda-Rechen eingesetzt. Aufgrund der geringen Spaltabstände im (Sub ) Millimeterbereich wirkt er wie ein Filter für das Triebwasser und gilt ausserdem als fischfreundliche Variante zum Tirolerwehr. Wissenschaftliche Untersuchungen zu beiden Annahmen existierten aber bislang nicht.

Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Fachhochschule Graubünden (FHGR) in Zusammenarbeit mit der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der ETH Zürich wurde in der Versuchshalle der VAW eine Versuchsvorrichtung im Massstab 1:1 erstellt, um die Fassungskapazität (in der Literatur wird auch häufig das Wort Schluckvermögen verwendet), das hydraulische Verhalten sowie die Geschiebeabweisung von Coanda-Rechen zu testen. Anschliessend wurden ethohydraulische Versuche mit Bachforellen (Salmo trutta) aus Wildfang durchgeführt, um die Eignung des Coanda-Rechens als Abstiegshilfe zu untersuchen.

Versuchsstand, Rechenbreite auf 0,5 m verschmälert (Anblick vom Unterstrom).

Ein «Bec de Canard» mit 1,05 mm Spaltweite und 100 l/(s·m) Durchfluss auf dem Versuchsstand.

Verschlissener Rechen der Wild Metal GmbH mit Spaltweite 0,6 mm.

Neuer Rechen der Wild Metal GmbH mit Spaltweite 0,6 mm.

METHODIK UND VORGEHENSWEISE

Versuchsanlage
Die für diese Forschungsarbeit aufgebaute Versuchsanlage erstreckt sich über zwei Stockwerke. Im oberen Stock ist die Anlage insgesamt 8,5 m lang, 2,4 m hoch und 1,6 m breit. Das Wasser wird über ein Zuleitungsrohr ins Einlaufbecken gepumpt, anschliessend fliesst das Wasser über einen Überlauf in die 5 m lange, 0,85 m hohe und 1,115 m breite Zulaufstrecke. Sie führt das Wasser zum Testrahmen, in welchen der zu untersuchende Coanda-Rechen eingespannt wird. Die Rechenbreite beträgt 1,115 m, der Testrahmen ist 1,68 m lang (vgl. Bilder 1 und 2).

Das vom Rechen geschluckte Wasser wird ins untere Stockwerk abgeleitet. Dort durchströmt es zuerst einen Geschiebefangsack, welcher die Entnahme und damit die Untersuchung des Geschiebes ermöglicht, und gelangt schliesslich wieder zurück in den Wasserkreislauf. Das Wasser, welches den Rechen überströmt und somit als Überfallwasser anfällt, gelangt in eine Aussparung im Hallenboden (analog einem Kolk in einem Bach) mit Geschiebekorb, welcher sich ebenfalls im unteren Stockwerk befindet. Dort wird das Geschiebe abgesetzt und das Wasser wieder dem Kreislauf zugeführt (Bild 1).

Aufgrund von Herstellerangaben wurde die maximale spezifische Fassungskapazität von Coanda-Rechen mit weniger als 300 l/(s∙m) abgeschätzt. Mit den versuchstechnisch maximal möglichen Durchflüssen von 300 l/s ergab sich für die Rechenbreite von 1,115 m eine spezifische Fassungskapazität von 269 l/(s∙m).
Bei einigen Klarwasserversuchen sowie bei allen ethohydraulischen Untersuchungen wurde die Rechenbreite mittels eingesetzten Plexiglaswänden auf eine Breite von 0,5 m verschmälert (Bild 2). Dadurch konnte eine maximale spezifische Durchflussrate von 600 l/(s∙m) erreicht werden. In der Tabelle 1 sind alle Rechen aufgelistet, welche im Forschungsprojekt verwendet wurden. Es handelt sich dabei um zehn verschiedene Rechen der Firma Wild Metal GmbH aus Ratschings (I) sowie einen Rechen der Firma Quellfrosch (ehem. Höhenergie) aus St. Gallen (CH).

Klarwasserversuche
Veränderungen im Zulaufbereich können zu inhomogenen Geschwindigkeitsverteilungen in der Zuströmung führen und die Schluckfähigkeit des Coanda-Rechens beeinflussen. In Versuchen ohne Geschiebe wurde dies untersucht, indem eine Zulaufstrecke mit einem Absatz vor dem Wehrrücken sowie eine ebene Geschiebezulaufstrecke auf Höhe der Wehrkrone getestet wurden. Letzteres (Bild 1) simuliert bis zur Wehrkrone reichende Geschiebeauflandungen.

Alle Versuche erfolgten mit einer idealen, geradlinigen, frontalen Anströmung des Coanda-Rechens.

An den zehn unterschiedlichen Rechen der Firma Wild Metal GmbH und dem Rechen von Quellfrosch wurde ohne Geschiebe in einem ersten Schritt die Schluckfähigkeit überprüft und dokumentiert. Dabei wurden die Pegelstände und Fliessgeschwindigkeiten mit und ohne Einlaufschwelle am Wehr ermittelt.

Ebenso wurden Klarwasserversuche durchgeführt, indem am oberen und unteren Ende respektive an den seitlichen Rändern des Rechens Abklebungen vorgenommen wurden, welche eine Verstopfung simulierten (siehe Bild 4).

Geschiebeversuche
Es wurden insgesamt drei standardisierte Geschiebemischungen eingesetzt, die bereits im Vorprojekt (Lifa et al., 2016) erfolgreich zur Anwendung gekommen waren. Die Kornverteilung ist typisch für Schweizer Wildbäche. In Bild 3 sind die gemittelten Siebkurven des verwendeten Ausgangsmaterials dargestellt.

Die beiden gebräuchlichsten Rechen der Firma Wild Metal GmbH (Typ Sb18 0.6 und Sb18 1.0, Tabelle 1, Nr. 2 bzw. 3) wurden dabei der kompletten Serie unterzogen. Sie wurden bei sechs verschiedenen Durchflüssen (50 l/s, 100 l/s, 150 l/s, 200 l/s, 250 l/s, 300 l/s) mit allen drei Geschiebemischungen getestet. Die anderen Rechen wurden einem gekürzten Untersuchungsprogramm unterzogen.

Die Geschiebezugabe erfolgte direkt in die Zulaufstrecke. Das Geschiebe, welches den Rechen passierte, wurde im Geschiebefangsack gesammelt. Dieses Material wurde für die weitere Untersuchung in einem Trocknungsofen getrocknet und anschliessend einer Siebanalyse unterzogen.

Ethohydraulische Versuche
Da Coanda-Rechen hauptsächlich an alpinen Gewässern mit der Bachforelle als Leitfischart zur Anwendung kommen, wurden die Versuche zum Fischabstieg mit wildlebenden Bachforellen aus dem Schanielabach (Kanton Graubünden) durchgeführt. Alle Fische wurden biometrisch vermasst und mittels PIT Tag Markierung individuell erkennbar gemacht.

Die Fische wurden aufgrund ihrer Länge in kleine (< 16 cm Körperlänge) und grosse Forellen (> 16 cm) unterteilt. Des Weiteren wurden zwei verschiedene spezifische Durchflüsse, 100 l/(s∙m) und 300 l/(s∙m), sowie die zwei Standardrechen der Firma Wild Metal GmbH mit 0,6 mm und 1,0 mm Spaltweite verwendet (Tabelle 1, Nr. 2 und 3).

Pro Konfiguration wurden zwölf Replikationen mit je drei Forellen durchgeführt; jeder Fisch wurde für den Versuch zweimal verwendet. Bei der Durchführung der Versuche wurden die Fische ins Startabteil des Zulaufkanals gegeben. Diese schwammen meist mit positiver Rheotaxis, d. h. mit der Schwanzflosse voraus, über den Rechen in den simulierten Kolkbereich. Hinzu kamen sogenannte Kontrollfische, welche dieselbe Prozedur erlebten, allerdings nicht den Rechen passierten, sondern direkt in den Kolk gesetzt wurden. Dadurch konnten die effektiven Auswirkungen des Coanda- Rechens auf die Fische herauskristallisiert werden. Vor und nach den Versuchen wurden alle Fische jeweils beidseitig fotografiert, so dass allfällige Fischverletzungen, welche vom Rechen stammen könnten, aufgenommen wurden.

Die Bildauswertung der Fische vor und nach einem Versuch erfolgte mithilfe der Software ImageJ (aus dem Jahr 2019). Sie errechnete den prozentualen Anteil der Fläche mit Schuppenverlusten im Vergleich zur gesamten Oberfläche des Fisches.

Gemittelte Kurven des Ausgangsmaterials.

ERGEBNISSE

Fassungskapazität bei Klarwasserverhältnissen
Gemäss unzuverlässigen Literaturangaben liegt das maximale Schluckvermögen des Coanda-Rechens bei 140 l/(s∙m). Diese begrenzte Kapazität ist in der Praxis oftmals der wichtigste Grund, weshalb das Tirolerwehr dem Coanda-Rechen vorgezogen wird. Mit den durchgeführten Klarwasserversuchen konnten diese Angaben allerdings nicht bestätigt werden.

Die untersuchten Standardrechen der Firma Wild Metal GmbH mit 0,6 mm respektive 1,0 mm Spaltweite weisen eine Fassungskapazität von über 500 l/(s∙m) auf. Auch der Rechen der Schweizer Firma Quellfrosch mit einer Spaltweite von 1,05 mm weist bereits bei nicht optimalem Einbauwinkel eine Fassungskapazität von über 300 l/(s∙m) auf.

Auf Basis der Forschungsergebnisse liegt das Schluckvermögen oftmals etwa beim 3 bis 4 fachen Wert des angegebenen Literaturwertes, wenn ein Überfall eines gewissen Teils des Zuflusses akzeptiert wird, der nicht gefasst wird. Dieser Überfall kann allfällig in die ökologisch vorgesehene Dotierwassermenge integriert und dadurch die Rechenbreite reduziert werden.

Mit Teilabklebung des Rechens Sb18 1,0 mm (Tabelle 1, Nr. 3) wurde die Verstopfung durch Geschiebe, Laub, Eis oder Moos simuliert. Die Abklebung der Rechenoberflächen erfolgte, ausgehend von der Wehrkrone, in Schritten von 12,5 Prozent (Bild 4). Bei Abklebungen bis zu 25 Prozent konnte bei einem spezifischen Anlagendurchfluss von 269 l/(s∙m) keine grossflächigere Benetzung am Rechen als ohne Abklebungen festgestellt werden.

Man kann daher für die Praxis davon ausgehen, dass in diesem Fall die Fassungskapazität ohne Überfall nicht massgeblich beeinträchtigt ist. Bei einer Abklebung von 37,5 Prozent der oberen Rechenoberfläche verliert der Rechen ca. 3 Prozent seiner Schluckfähigkeit, bei 50 Prozent ergibt sich eine Reduktion von 10 Prozent. Offensichtlich führt die Beschleunigung zur Erhöhung der spezifischen Fassungskapazität des Rechens bezogen auf die Rechenfläche (vgl. Bild 4).

Die Ergebnisse zur simulierten Verstopfung des Rechens sind aber mit Vorsicht zu geniessen. In der Realität beeinflusst auch die Form der Partikel, welche zur Verlegung des Rechens führen, das Strömungsverhalten. Eine knapp dimensionierte Anlage hat zwar tiefere Errichtungskosten zur Folge, bei Lastfällen mit einem erhöhten Abfluss (z. B. Schneeschmelze oder Starkregenereignisse) fällt allerdings auch deutlich mehr Überwasser an, so dass die Energie nicht vollständig genutzt werden kann. Entsprechend ist eine gesamtheitliche und individuelle Betrachtung von technischen, wirtschaftlichen und umweltrelevanten Faktoren unabdingbar.

Ermittlung der Fassungskapazität bei schrittweiser Verlängerung der Beschleunigungsstrecke am Standardrechen der Firma Wild Metal GmbH mit 1,0 mm Spaltweite.

12,5 % Abklebung
300 l/s= 269 l/(s∙m)
kein Überfall (Dotierwasser)

25 % Abklebung
300 l/s= 269 l/(s∙m)
1–2 l/s Überfallabfluss

37.5 % Abklebung
300 l/s= 269 l/(s∙m)
9–10 l/s Überfallabfluss

50 % Abklebung
300 l/s= 269 l/(s∙m)
30 l/s Überfallabfluss (10 %)

Abschereffekt statt Coanda-Effekt
Insgesamt wurden elf Rechen mit unterschiedlichen Spaltweiten, Stabgeometrien, Durchflüssen und Zuständen untersucht. Alle Rechen haben eine konkave oder gerade Oberfläche und beginnen unmittelbar an der Unterseite der Wehrkrone. Aufgrund dieser Anordnung und Form der Rechenoberfläche kann kein Coanda- Effekt auftreten. Um den Coanda-Effekt auszunutzen, müsste der Rechen bereits in der ausgerundeten Krone eines Standardüberfalls beginnen und eine leicht konvexe oder gerade Oberfläche haben, was bei den untersuchten und marktüblichen Rechen nicht der Fall ist. In diesem Sinne weisen die Coanda-Rechen keinen eigentlichen Coanda-Effekt, sondern lediglich einen Wasser Abschereffekt auf, weil die Rechenstäbe schräg zur Strömung angeordnet sind. Diese Anordnung wirkt wie eine ausserordentliche und gleichmässige Aufrauhung der Rechenoberfläche. Dabei wird die turbulente Grenzschicht an der Rechenoberfläche quasi abgeschert und wie ein ebener Wasserstrahl umgelenkt. Entsprechend beeinflusst die Anordnung der Rechenstäbe und ihre Geometrie die Fassungskapazität des Rechens.

Mit oder ohne Sandfang?
Feststoffe, die ins Triebwassersystem gelangen, können dort Abrasionsschäden an hydraulischen Anlagenteilen verursachen. Will man bei Mittel und Hochdruckkraftwerken auf die Anordnung eines Sandfangs verzichten, so empfiehlt es sich aufgrund unserer Untersuchungen, eine maximale Spaltweite von 0,4 mm zu wählen. Diese neigen jedoch stärker zu Verstopfungen als die Rechen mit 0,6 mm Spaltweite und haben sich daher in den Versuchen als nicht ideal erwiesen. Schon nach drei Versuchen mit Geschiebeeintrag zur Erfassung des Abscheidungsgrades wurde ersichtlich, dass der Rechen an vielen Stellen verstopft war und sich nicht einfach mit einem Besen oder dergleichen reinigen liess.

Weil das Grenzkorn für Sandfänge in der Schweiz bei Mittel und Hochdruckkraftwerken (Fallhöhe > 50 m) je nach Fallhöhe üblicherweise 0,2 bis 0,3 mm beträgt, ist bei abrasivem Gestein und grosser Fallhöhe auch für eine Spaltweite von 0,4 mm ein Sandfang oder ein spülbares Absetzbecken nach dem Coanda-Rechen zu empfehlen. Ob ein Sandfang erforderlich ist, muss durch die Ermittlung der kritischen Korngrösse festgelegt werden. Coanda Rechen mit Spaltweiten von 0,2 mm verstopfen erfahrungsgemäss sehr rasch durch Feinsand und sind für geschiebeführende Gewässer daher nicht zu empfehlen.

Ein weiterer Einflussfaktor sind Baumblätter und gemäss Herstellerangaben spezifisch die Stiele von Buchenblättern, welche einen Coanda-Rechen verstopfen können. Gemäss Aussagen von Betreibern sind davon oftmals Rechen mit einer Spaltweite von 1 mm und mehr betroffen. Deshalb werden von den Herstellern meistens Rechen mit einer Spaltweite von 0,6 mm empfohlen, wenn sich Buchen im Einzugsgebiet des Gewässers befinden.

Bei kritischen Verhältnissen in Bezug auf Hydroabrasiv Verschleiss (z. B. sehr grosse Fallhöhe und/oder hartes Gestein) kann man also auch bei Verwendung eines Coanda-Rechens nicht auf einen Sandfang verzichten. Der Vorteil eines Coanda-Rechens ist dann im Wesentlichen die Verringerung des Sedimenteintrags (und damit der Anzahl an Spülungen bzw. der Spülwasserverluste) gegenüber einem klassischen Fallrechen oder einer üblichen Seitenentnahme. Bei Kraftwerken mit geringerer Fallhöhe und weichem Gestein kann ein Rechen mit 0,4 mm Spaltweite jedoch eine Variante sein, um auf den Sandfang zu verzichten.

Abweisungsgrad von Feststoffen
Bei geringen Zuflüssen bis zu 260 l/(s∙m) wird der Abweisungsgrad von der Konzentration des Geschiebes geringfügig beeinflusst. Die allgemein verbreitete Aussage der Hersteller, dass 90 Prozent der Partikel mit äquivalenten Durchmessern der halben Spaltweite abgewiesen werden, konnte durch unser Forschungsprojekt nicht bestätigt werden. Für die am häufigsten verwendeten Rechen der Firma Wild Metal GmbH betrug der Abweisungsgrad von Partikeln mit Durchmessern der halben Spaltweite und kantigem Korn 37 bis 39 Prozent.

Bei Hochwasser muss man unterscheiden, ob der Abweisungsgrad bei höheren Durchflüssen oder die Abweisung von höheren Geschiebekonzentrationen betrachtet wird. Höhere Durchflüsse verbessern den Abweisungsgrad grundsätzlich, höhere Geschiebekonzentrationen hingegen verschlechtern ihn. Dieser Umstand tritt allerdings erst bei höheren Durchflüssen auf. Bei geringen Durchflüssen ist der Abweisungsgrad kaum von der Geschiebekonzentration abhängig. In Bild 5 ist ersichtlich, dass bei höheren spezifischen Durchflüssen von 400 l/(s∙m) die Geschiebeabweisung bei geringen Geschiebekonzentrationen effizienter ist als bei hohen Geschiebekonzentrationen. Partikel, deren äquivalente Durchmesser der Spaltweite entsprechen, werden für Durchflüsse von 400 l/(s∙m) nur bei geringen Geschiebekonzentrationen zu mehr als 95 Prozent abgewiesen; bei mittleren und grösseren Geschiebekonzentrationen hingegen betragen die Abweisungsgrade lediglich rund 90 und 80 Prozent.

Im Bild 6 sind die Abweisungscharakteristika von Kant und Rundkorn für die unterschiedlichen Standardrechen der Firma Wild Metal GmbH bei moderaten spezifischen Durchflüssen von 89 l/(s∙m) dargestellt. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesteinskörnungen in der Abweisungscharakteristik sind nicht ausgeprägt. Beim Rundkorn (gestrichelte Kurven) werden die feinsten Fraktionen schlechter abgewiesen als beim Kantkorn (ausgezogene Kurven). Hingegen waren für die Rechen mit Spaltweite 1,5 bis 3,0 mm die Abweisungsgrade für die Partikeldurchmesser jeweils halber Stabweite höher beim Rundkorn als beim Kantkorn. Bei den Rechen mit Spaltweiten ≤ 1,0 mm verhält es sich gegensätzlich.

Die Versuche des Standardrechens mit 0,6 mm Spaltweite wurden mit Untersuchungen eines baugleichen, verschlissenen Rechens ergänzt (Tabelle 1, Nr. 2 vs. Nr. 7). Die Abweisungscharakteristika der beiden Rechen zeigen aber für verschiedene spezifische Durchflüsse keine nennenswerten Unterschiede, wenngleich der verschlissene Rechen tendenziell höhere Abweisungsgrade für kleine Partikelgrössen aufweist (vgl. Bild 7). Die Abweisungscharakteristik scheint sich also im laufenden Betrieb mit zunehmendem Verschleiss eines Coanda-Rechens nicht zu verschlechtern.

Fischgängigkeit
Die ethohydraulischen Versuche bei den getesteten Rechen mit 0,6 mm und 1,0 mm Spaltweite lassen den Schluss zu, dass keine relevanten Verletzungen beim Fischabstieg zu erwarten sind. Die Bachforellen erlitten Schuppenverluste im Bereich von maximal 1 Prozent ihrer Körperoberfläche, in den meisten Fällen jedoch sogar weit unterhalb dieses Wertes (Bild 8). Diese Ergebnisse treffen sowohl für einen geringeren spezifischen Durchfluss von 100 l/(s∙m), als auch für einen hohen spezifischen Durchfluss von 300 l/(s∙m) zu. Die Mehrzahl der Fische wies keine Schuppenverluste auf. Es ist kein signifikanter Unterschied zwischen den über den Rechen abgestiegenen Fischen und den Fischen der Kontrollgruppe auszumachen. Da die Verletzungen in erster Linie von der Stabform und dem Anstellwinkel abhängen, ist davon auszugehen, dass ähnlich konstruierte oder baugleiche Coanda-Rechen anderer Hersteller eine gleichwertige Fischverträglichkeit aufweisen.

Nicht untersucht wurde allerdings der Fischabstieg beim Coanda-Rechen, wenn über dem Rechen ein Schutzrechen angebracht ist. Je nach Bauart können diese eine zusätzliche Verletzungsgefahr darstellen.

INTERPRETATION UND AUSBLICK

Es konnte nachgewiesen werden, dass die Fassungskapazität der Coanda-Rechen wesentlich höher ist als bisher angenommen. In einer Weiterführung der Forschungsarbeit könnten Druckmessungen am Coanda- Rechen dazu dienen, die genauen Funktionsmechanismen zu eruieren. Der Coanda-Rechen greift grundsätzlich auf die Abscherung von Wasser zurück, nicht auf den Coanda-Effekt.

Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass der Abweisungsgrad nicht so gross ist, wie bis anhin suggeriert wurde. Allerdings konnte mit dem Abkleben der Rechenfläche vom oberen Rand beginnend beobachtet werden, dass der Abweisungsgrad mit höherer Fliessgeschwindigkeit erhöht wird. Somit liegt in der Verlängerung der Beschleunigungsplatte Optimierungspotenzial im Hinblick auf den Abweisungsgrad.

Am wichtigsten war die Erkenntnis, dass alle Akteure im Markt bisher auf dieselben wissenschaftlichen Ressourcen zurückgreifen, deren Wurzeln in der Entwicklungsphase des Coanda-Rechens liegen. Planer, Betreiber und Hersteller stützen sich bei der Dimensionierung von Wasserfassungen mit Coanda- Rechen auf Angaben, die offensichtlich aus einer einzigen Quelle stammen (Nøvik et al., 2014). Über drei Jahrzehnte wurden Dimensionierungsgrundlagen kopiert, ohne die Quelle dieser Grundlagen in Frage zu stellen. Das Projektteam konnte neue Daten zum Schluckvermögen, Abweisungsgrad von Feststoffen sowie zur Fischverträglichkeit liefern.

Es bleibt zu hoffen, dass die neuen Erkenntnisse auch bald ihren Weg in die Praxis finden werden.

Vergleich der Abweisungsgrade für verschiedene Geschiebekonzentrationen bei einer spezifischen Durchflussrate von 400 l/(s∙m) in Abhängigkeit der Partikelgrösse für Kantkorn beim Standardrechen der Firma Wild Metal GmbH mit 0,6 mm Spaltweite.

Abweisungscharakteristik aller Standardrechen der Wild Metal GmbH bei spezifischen Durchflüssen von 89,7 l / (s∙m) für Kant- und Rundkorn.

Vergleich der Abweisungsgrade am neuen und am verschlissenen Rechen mit 0,6 mm Spaltweite für Kantkorn bei verschiedenen Durchflüssen.

Gesamtheit der Schuppenverluste aller Fische bei zwei spezifischen Durchflussraten von 100 und 300 l/(s∙m) an den zwei Rechentypen Nr. 2 und 3 nach Tabelle 1.

DANKSAGUNG

Wir danken dem Bundesamt für Energie (BFE) für die Finanzierung dieses Projekts (Projektnummer SI/501288 01).

 

Verfasser:
Prof. Dr. Imad Lifa et al., Fachhochschule Graubünden, Pulvermühlestrasse 57, 7000 Chur, imad.lifa@fhgr.ch
Abbildungen: Fachhochschule Graubünden

Quellen:
1 Nøvik H., Lia L., Opaker, H. (2014). Performance of Coanda-Effect Screens in a Cold Climate. Artikel in Journal of Cold Regions Engineering.
2 Lifa I. et al. (2016). Optimierung der Coanda-Rechen für Schweizer Gewässer (Phase 1). Bericht Nr. SI/501288-01, https://www.aramis.admin.ch/ Texte/?ProjectID=36926
3 Lifa I. et al. (2021). Optimierung von Coanda-Rechen für Wasserfassung an alpinen Gewässern (Phase 2). Bericht Nr. SI/501288-01, https://www.aramis.admin. ch/Texte/?ProjectID=36926